THE ROAD GUIDE                                                TO INTERESTING TIMES

„Diese Ausstellung ist von großer Bedeutung, weil sie den kulturellen Austausch der Länder fördert.“

Prof. Pang Maokun, Präsident des Sichuan Fine Arts Institut


Links: Prof. Pang Maokun, Präsident des Sichuan Fine Arts Institut

Mitte: Pang Maokun, Unexpected Encounter No.8,  Pencil toner and ink on paper, 68x50cm, 2019

Rechts: Zhang Jie, Torn Landscape, Silk Screen, 68 x 50 cm, 2011


Vom 3. August bis 2. September 2019 werden in den Sale Monumentali der Biblioteca Nationale Marciana in Venedig erstmals mehrere chinesische Künstler paral-lel ausgestellt. Die Ausstellung Portfolio: The Road Guide to interesting Times möchte zu einem kulturellen Dialog auffordern.Das Sichuan Fine Arts Institut, in der Stadt Chongqing angesiedelt, eine der bekanntesten Kunsthochschulen des Landes, hat die Auswahl der Arbeiten für diese Ausstel-lung getroffen. Ausgesucht wurden 21 Papierarbeiten von sieben Künstlern, die dort alle auch lehren. Bei den teil-nehmenden Künstlern handelt es sich um die Professoren Pang Maokun, Zhang Jie, Jiao Xingtao, Wei Jia, Chen Shuz-hong und die Dozenten Liu Haichen und Hu Yongqi. Diese Künstler kommen aus den verschiedensten Teilen Chinas. Sie geben mit ihren Exponaten einen Einblick in die Band-breite der modernen chinesischen Kunst. Im Rahmen der Ausstellung treffen hier ganz unterschiedliche Kunststile und -genres aufeinander. Ob in traditioneller oder moder-ner Technik, Tusche oder Öl ausgeführt, ob Portrait oder Landschaft, real oder abstrakt – die ganze künstlerische Bandbreite ist exemplarisch vertreten und trägt zur Vielfalt der Ausstellung bei.Bei den ausstellenden Künstlern sind so-wohl nationale als auch internationale Einflüsse erkennbar. Sie ergeben ein spannendes Gesamtbild mit ganz unterschiedlichen Dimensionen. Alle vorgestellten Künstler zeichnen sich durch ein hohes Maß an stilistischer Eigenständigkeit und Innovationskraft aus und haben ihre künstlerische Qualität bereits durch zahlreiche, auch in-ternationale, Ausstellungen und Kunstpreise unter Beweis gestellt. Wichtig ist es, sich nicht vom ersten Eindruck leiten zu lassen, prima vista mögen manche der Exponate tra-ditionell wirken, aber hier gilt es, die Details zu entdecken und zu entschlüsseln.Pang Maokun, 1963 geboren, hatte im letzen Jahr eine viel beachtete Einzelausstellung im Palazzo Medici Riccardi in Florenz, sie machte ihn auch hier populär. In China gehört er zu den bekanntesten zeitgenössischen Malern. Seine Arbeiten basieren auf dem Verschmelzen von Tradition und Gegenwart. In manchen Bildern werden Werke von Leonardo, Velázquez, El Greco u.v.a. in einen zeitgenössischen Kontext gesetzt und so ins Heute transferiert.Er kopiert, jedoch nicht passiv, sondern reinterpretiert dabei neu, bricht Sehgewohnheiten auf und zeigt seinen eigenen Standpunkt. So führt das Bild in die Gegenwart. Er befreit die Bilder aus ihrer Geschichte und gibt ihnen einen eigenen Interpretationsspielraum. Die Landschaft ist die Heimat der Ideale der Gelehrten, die Verkörperung der Verbindung von Himmel, Natur und Mensch. Die Menschen in China fühlen sich als Teil der Natur, es entsteht eine Art Symbiose, die Berge sind Yang, das Wasser Yin, in Anlehnung an das chinesische komple-mentäre Harmonieprinzip Yin und Yang. Landschaft ist eines der Hauptthemen in der chinesischen Kunst. Hier sind die Menschen ein Teil der Natur, es besteht eine symbiotische, harmonische Verbindung. Der Künstler Zhang Jie, Jahrgang 1981, beschäftigt sich in seiner Kunst mit der Umwelt im modernen China und der spirituellen Welt der Menschen hier. Die Farbigkeit ist satt und dicht. Auf der einen Seite unterstreicht er die Veränderungen, integriert Geschichte und Realität zu einem friedlichen Miteinander mit Hilfe einer delikaten Komposition und kräftigen Farben. Meer, Berge und Wälder transportieren sein eigenes Selbstverständnis und zeigen die innere Welt, die Persönlichkeit. Es sind Schlüssel zur Seele.Im Werk von Jiao Xingtao, 1970 geboren, sind traditionelle Symbole fest verankert. Eigentlich ist Jiao Xing-tao Bildhauer. Er schafft figürliche Metallskulpturen, die manchmal amüsant, aber auch schockierend wirken können. 2003 entstand eine für ihn wichtige Serie Accident. Hier schuf er große, hyperrealistische Fiberglas-Skulpturen nach Objekten des täglichen Gebrauchs. Die Verpackungen lassen an den ehemaligen Inhalt denken, den Künst-ler fasziniert die Beziehung und Diskrepanz von Innen und Außen. Die ausgestellten Papierarbeiten wirken auf den ersten Blick, bedingt durch die Technik, traditionell. Sie zeigen maskenhaft geschminkte, bewaffnete Personen in symbolhaften Kostümen. Die Figuren erscheinen wie Schauspieler aus einer fernen Zeit, und lassen uns an alte chinesische Opern denken. Archetypische Symbole reflektieren das kulturelle Erbe und die historische Bedeutung.


Links: Chen Shuzhong, Lawn, A Midsummer Story, Paper, copper plate, ink, 40x60cm, 2011

Rechts: Liu Haichen, Heavens heavy No.2, Acrylic on paper, 51x70cm, 2019


Jiao Xingtao geht dieser Tatsache nach, der Bedeutung der Verbindung zwischen Symbolen und Kultur. Wei Jia, Jahrgang 1975, ist ein mehrfach ausgezeichneter Lithograph. Er malt zunehmend in Öl, Gouache und Acryl und ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Künstler in China. Seine Quellen der Inspiration sind die chinesische Kulturgeschichte und ihre Beziehung zu Natur und Handwerk. Weiteren sichtbaren Einfluss übt auf ihn der abstrakte Expressionismus aus, aber auch die traditionelle chinesische Kalligraphie. Sein Malgrund besteht aus handgeschöpftem Papier. Durch das Zulassen des Eigenlebens der Materialien entsteht der frei fließende Eindruck, die seine Werke vermitteln. Seine aktuellen Arbeiten zeigen seine Lebens- und Kunstphilosophie auf, nämlich Toleranz und ein friedliches Nebeneinander von Gegensätzlichem, wie Licht und Dunkel, das Jetzt und die Ewigkeit, Wachstum und Zerstörung, Jugend und Alter. Das Landleben ist für Chen Shuzhong, geboren 1960 und aus dem Nordosten Chinas stammend, gleichsam Inspiration und Motivation. Seine Liebe zur Heimat setzt er in vitalen, kraftvollen und narrativen Szenen um. Er erzählt seine Geschichte von wilden Bergen, der Natur, manchmal sanft, und manchmal laut und klar, emotional oder vage. Das bäuerliche Leben des Nordens mit seinen wechselnden Jahreszeiten sind seine Leitthemen. Hier können drei Inspriationsquellen ausgemacht werden: die traditionelle westliche Ölmalerei, Einflüsse der traditionellen chinesischen Kunst und schließlich die Volkskunst. Diese drei Aspekte vermischen sich. Es entsteht eine ursprüngliche, ländliche Realität, romantisch und zugleich surreal. Größenverhältnisse werden in den Bildern umgekehrt. Klar beeinflußt ist Chen Shuzhong von der flämischen Genremalerei des 15. und 16. Jahrhunderts. Ein weiterer Künstler in der Ausstellung ist Liu Hai-chen, geboren 1988. Seine Arbeiten bewegen sich inhaltlich zwischen Realismus und Metapher, indem sie sich verselbständigen und symbolhaft auftreten. Die Bildinhalte werden fremd und mystifiziert, brechen die normale Logik auf, erschließen neue Kontexte und Wahrnehmungen. Seine Arbeiten wirken narrativ und entbehren nicht einer gewissen Dramatik. Beide an sich kollidierenden Möglichkeiten machen den Bildinhalt aus. Beeinflußt durch die Druckgrafik, bevorzugt der Künstler tonige Schwarz-Weiß Effekte, Licht und Schatten. Dabei stuft er die Grautöne sehr fein ab. Die Thematik ist nicht rational, sondern voller Leidenschaft, Leidenschaft in schwarz-weiß, die zum Nachdenken anregt. Die Bilder wirken wie Träume und berühren das Unterbewußtsein des Betrachters.Der Künstler Hu Yongqi, geboren 1988, möchte ein eigenes Wissenssystem aufbauen. Er versucht herauszufinden, was die Wurzeln der Ordnung moderner Gedanken und Kunst sind und er betreibt eine Art kultureller Archäologie. Es handelt sich um eine konstante Auseinandersetzung mit dem Thema Raum und Zeit, als reine Beschreibung, aber auch als Erkundung. Die Serie Purple Halo, die hier ausgestellt ist, beinhaltet sein Verständnis von Raum. In dunklen Lilatönen gehalten, visualisiert sie Weltraum. Entsprechend der differenzierten Farbigkeiten werden hier die Weite des Weltraums, sowie der Zusammenhang von Vorder- und Hintergrund thematisiert. Die Bilder zeigen einen visuellen Effekt mit einer Raumandeutung. Dabei ist die Farbe relevant, um die Größenverhältnisse anzudeuten. Es wird klar unterschieden zwischen der räumlichen Tiefe und der Relevanz von Vorder- und Hintergrund, verbunden mit einer gewissen Unschärfe. Die Bilder wirken theatralisch, mysteriös und illusorisch, versuchen zu erklären. Der Künstler intendiert durch die Mitte des imaginären Raumes die symbolischen Bedeutungen hinter der Oberfläche zu enthüllen.Die Künstler der Ausstellung beschäftigen sich in ihren Arbeiten mit den drängensten Fragen des 21. Jahrhunderts: Technologie, Umwelt und Toleranz. Die Bilder sollen zur Reflektion anregen, Distanzen überwinden mit der Kunst als einer Universalsprache. Interessant ist auch die Interaktion der Exponate mit den historischen Räumen.

 


Links: Wei Jia, Future, 26x19cm, Acrylic on paper, 2019

Mitte: Jiao Xingtao, Untitled No.1, Paper, 26 x 37 cm, 2019

Rechts:Hu Yongqi, Purple Halo-Fade in Watercolor on paper, 50 x 68 cm, 2019


Portfolio: The Road Guide to interesting Times

3.8. bis 2.9.

 

Biblioteca Nazionale Marciana

Sale Monumentali

Piazza San Marco, 13/a

I-30124 Venezia

Mo-So 10-18:30 h

www.marciana.venezia.sbn.it